Bis heute ist sie weithin sichtbar, die alte Burg Angermund, die gemeinhin stets „Kellnerei“ genannt wird. Sie beherrscht die Rosenstadt Angermund und liegt am südlichen Ende des historischen Ortskerns.
Baubeschreibung der Burg Angermund
Bei der Burg Angermund handelt es sich um eine klassische Ringburg, die auf einem ovalen Grundriss beruht. Umgeben ist die Burg von einem breiten Wassergraben, der sich durch den angrenzenden Angerbach speist.
Umgeben ist die eigentliche Burganlage von einer ca. zwei Meter dicken Ringmauer aus Kalkstein, Tuff und Ziegelmauerwerk, die aus den Anfängen der Burg im 13. Jahrhundert stammt. Ein wahrscheinlich ursprünglich vorhandener Wehrgang ist nicht mehr erhalten.
Erhalten aber ist der nordöstliche Torbau, der in seinen Ursprüngen aus dem 15. Jahrhundert stammt und den Zugang zur Burg darstellt. Dieser Torbau wurde zwischenzeitlich zerstört und im Jahr 1653 neu aufgebaut, was dem Wappen zu entnehmen, das oberhalb der Tordurchfahrt angebracht ist.
Das Hauptgebäude ist zweigeschossig und aus Bruchstein errichtet. Es besteht aus insgesamt drei Teilen: Der nördlichste dieser Teile ist auch gleichzeitig der älteste und stammt aus den Anfängen der Burg, sprich aus dem 13. Jahrhundert. Hier findet sich bis heute eine Fensteröffnung in romanischem Stil.
Der mächtige, etwa 26 Meter hohe Rundturm, der ehemals die Burg beherrschte, wurde im Jahr 1716 niedergelegt.
Geschichte der Burg Angermund
Eine erste urkundliche Erwähnung der Burg stammt aus dem Jahr 1188 und findet sich in der Güterliste des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg; hier heißt es in der Münsterischen Güterliste unter Punkt 23:
“(23) Allodium de Angermonde XXXX marc. et reditus IIII o[r] marc. sol. (P49)”
Es finden sich auch noch weitere im Bereich des späteren Amtes Angermund gelegene Besitzungen, diese sind:
“(27) Allodium Ottonis de Heldorp XL marc. sol. (P46)
(28) Allodium Heinrici libri de Ratingen XL Marc. sol. (P47)
(29) Allodium Sygewizen de Ratingen XX sol. (P48)
(44) Allodium Heinrici de Mundelincheim XXXX marc. Sol. (P83)”
In der Paderborner Abschrift der Güterliste wird unter Punkt 49 Angermund dezidiert als castrum bezeichnet; hier heißt es:
“(49) Castrum Angermunde et curiam adiacentem XL marcis et IIII- or marcis in reditibus emit”
Und auch hier finden sich weitere Orte und Besitzungen im Amtsbezirk von Angermund:
“(46) Predium Ottonis de Heldorp XL marcis emit.
(47) Henrici liberi de Ratingen XL marcis emit
(48) Allodium Siggwicen de Ratingen XXV marcis emit
(83) Allodium Henrici de Mundelincheim XL marc.”[1]
Das Ziel, das Philipp von Heinsberg mit dem Kauf all dieser Burgen, festen Häuser und Besitzungen verfolgte war es, das kurkölnische Territorium aus seiner Zerrissenheit zu befreien und ein zusammenhängendes Machtgebilde zu kreieren. Dies sollte primär den Expansionsdrang der Grafen von Berg einschränken, aber auch durchaus kaiserlichen Interessen entgegentreten.
Ein Ziel übrigens, das er nie ganz erreichte und das in dem Moment ein endgültiges Ende fand, als ein gewisser Engelbert auf dem Kölner Erzstuhl landete. Dieser Engelbert nämlich entstammte der Familie der Grafen von Berg und war eher diesen verpflichtet denn dem Wohl Kurkölns. Er war es auch, der die Burg Angermund mit ihren Besitzungen seinem Bruder Adolf III. von Berg zu Lehen gab.
Eine nochmalige Änderung in den Geschicken der Burg Angermund trat ein, als bereits zwei Jahre nach Übertragung des Lehens Adolf III. von Berg starb. Sein Erbe war sein Bruder: Erzbischof Engelbert und dieser begann im Jahre 1218 die Burg Angermund zu einer Grenzfeste auszubauen und sie zu erweitern. Heute noch erhalten ist der beeindruckende Hauptbau, der auf Engelbert zurückgeht, der sich auch einige Male auf der Burg Angermund aufhielt und hier auch urkundete.
Im November des Jahres 1225 fiel der Kölner Erzbischof in Gevelsberg einem Attentat seines Neffen, dem Grafen Friedrich von Isenburg, zum Opfer, so dass die Burg in Angermund erneut ihren Besitzer wechselte. Es war Herzog Heinrich IV. von Limburg, verheiratet mit Irmgard von Berg, der nun auf der Burg Einzug hielt.
Eben jene Irmgard von Berg sollte für Angermund und seine Burg zu einer wichtigen Gestalt werden, denn nach dem Tod ihres Mannes schloss sie im Jahr 1247 unter Mithilfe des Erzbischofs Konrad von Hochstaden einen Erbvergleich mit ihrem Sohn Adolf IV. von Berg. Dieser Erbvergleich sicherte ihr neben Schloss Burg, dem Stammsitz der Bergischen Herzöge, auch den Besitz der Burg Angermund zu. Ihr Sohn hingegen erhielt die Burgen in Windeck und Bensberg. Dies zeigt die Bedeutung Angermunds in dieser Phase des Mittelalters.
Wichtig für die Geschichte Angermunds wurde auch eine zweite Herzogin aus bergischem Haus: Agnes, Ehefrau Herzog Adolfs IV. Im Jahr 1327 erhielt sie die Burg Angermund als Wittum zuerkannt und residierte hier für einige Zeit (wohl bis 1361). Verschiedene Überlieferungen schreiben ihr eine große Bedeutung für die Geschicke der Region zu.
Nach ihrem wahrscheinlich 1249 erfolgten Tod, fiel Angermund an Adolf IV. Er ließ es sich angelegen sein, ähnlich wie bereits gut 60 Jahre zuvor Philipp von Heinsberg, den Territorialbesitz rund um Angermund zu vergrößern und zu einem einheitlichen Verwaltungsbereich zu machen. Hiermit legte er den Grundstein für das spätere Amt Angermund, das uns erstmals um 1350 entgegentritt. Seine Nachfolger Adolf V. und Adolf VI., der anscheinend sogar in der Kapelle der Burg Angermund getauft worden war, besuchten die Burg regelmäßig und erweiterten ihren Grundbesitz stetig.
So wurde die Burg in Angermund zum nördlichsten Bollwerk der Grafen und Herzöge von Berg und zu einem strategisch wichtigen Bauwerk in der Zeit der Territorialisierung. Zwar fiel die Burg offiziell immer noch unter die Lehnshoheit der Kölner Erzbischöfe, aber ihnen gelang es nicht mehr diese auch durchzusetzen, so dass sich Angermund nebst Burg und Besitzungen immer mehr zu einem bergischen Besitz entwickelte und Mitte des 15. Jahrhunderts Sitz des bergischen Kellners wurde, woher auch die volkstümliche Bezeichnung „Kellnerei“ für die Angermunder Burg stammt. Aufgabe des Kellners war es die landesherrlichen Pachten, Zinsen, Kurmeden und sonstige Abgaben einzuziehen. Im Jahre 1469 verzichtete Erzbischof Ruprecht von Köln offiziell auf alle Ansprüche an der Burg Angermund und deren Besitzungen, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt Angermund ein rein bergischer Besitz wurde.
Auch die Amtmänner von Angermund nahmen ihren Sitz seit 1350 immer wieder auf der Burg, unter ihnen etwa Angehörige der Familien von Calchheym, von Landsberg, von Winkelhausen, von Trostorp und von Scheidt.[2]
1479 trat die Burg noch einmal ins Rampenlicht, als hier die Verhandlungen über die Vereinigung der Herzogtümer Jülich-Berg und Kleve-Mark geführt wurden, die dann im Jahr 1511 umgesetzt wurde.
Ob es in das Reich der Legenden gehört, dass sich in der Burg Angermund auch ein Folterkeller befand, sei dahingestellt, Fakt aber ist, dass im Laufe der Jahrhunderte einige Personen auf der Burg inhaftiert und gefangen gehalten wurden.
Noch im 17. Jahrhundert wurde die Burg als Jagdsitz genutzt, verfiel dann aber mehr und mehr und verlor, wie so viele andere Burgen, zusehends an Bedeutung, zumal sie in den militärischen Auseinandersetzungen jener Zeit vielfach beschädigt und geplündert wurde.
Im Jahr 1716 wurden der mächtige Rundturm und die Lagerhäuser der Burg vollständig zerstört. 1780 dann erfolgte ein Umbau des Hauptgebäudes. In all der Zeit aber blieb die Burg in ihrer Funktion als „Kellnerei“ ein Verwaltungssitz des bergischen Territoriums, bis im Jahr 1806 das ehemalige Herzogtum Berg an Frankreich fiel. Unter französischer Herrschaft verlor die Burg ihre Funktion endgültig, wurde nur noch landwirtschaftlich genutzt und verfiel noch weiter.
Heinz Schmitz beschreibt anhand einer Karte des „Domainial-Kellnereihofes“ aus dem Jahr 1820, die mir leider nicht vorliegt, die Größe der Besitzungen, die zur damaligen Zeit zur Kellnerei gehörten:
„Die eigentliche Burg war von Weiher in einer Größe von 2 Morgen 8 Ruten umgeben. ‚Das neue Werk‘, früher ein Teich, ist hier als Wiese dargestellt. Auch der große Teich war nur zum Teil noch vorhanden, denn 14 Morgen lagen trocken und waren zu Land kultiviert worden. Dagegen lag der Brücke gegenüber noch ein herrliches Gewässer von etwa 5 Morgen Größe. Der breite Graben um diesen Teich faßte 1 ½ Morgen. Zum Distrikt gehörten noch der Blumengarten, der neue Damm, Gemüse- und Baumgärten (5 Morgen), der Kreuzplatz vor dem Tor, der Neckersdamm, der Schmittenweiher vor der Pforte, rechts am Wege nach Rahm gelegen, das Land am Schmittenweiher und noch einige kleinere Parzellen. […] Alles in alle waren es 87 Morgen und 64 Ruten, davon etwa 12 Morgen Teiche und Gräben, 50 Morgen an Wiesengelände und 25 Morgen Ackerland.“[3]
Den Verfall hielten auch die Fürsten von Hatzfeld nicht wirklich auf. Es war Edmund von Hatzfeld, der im Jahr 1833 die Kellnerei kaufte. Im Verlauf der Jahre nutzte die Familie Hatzfeld die Burg zum Teil als Försterwohnung und Wirtschaftshof.
1963 kaufte Peter Götzen die alte Angermunder Burg und versuchte sie zu restaurieren, was allerdings fehlschlug. 1983 allerdings hatte der Verfall dann tatsächlich ein Ende: Man begann die Burg zu sanieren und sie zu einer modernen Wohnanlage umzugestalten. Dabei wurden viele historische Details rekonstruiert, allerdings auch viele andere zerstört. Jede Medaille hat eben zwei Seiten.
Amtmänner von Angermund
Die Liste der Amtmänner ist leider immer noch nicht vollständig, aber eine weitere Auswertung zahlreicher Quellen lässt hoffen, dass diese Liste von Schmitz[4] ergänzt werden kann.
1280 Jakob von Gustinchen
1303 Ritter Zobbo
1312 Hermann von Calcheym
1335 Heinrich von Grafschaft
1345 Reynartz von Landsberg
1348 Bernhard von Landsberg
1363 Dyderike von Luychtmar
1367 Dietrich von Limburg
1368-84 Hermann von Seelendonk
1394 Hermann von Winkelhausen
1399 Arndt von Calchem
1399 Dietrich von der Horst
1402 Rütger von der Horst
1404 Gernot von Calchheim
1405 Wenzel von Loe
1407 Wilhelm von Calcheim
1428-30 Everhard Bolze
1432-36 Bernhard von dem Vorste
1438-60 Ailf von Quade
1460-75 Stael von Holstein
1475 Ruprecht von Stein
1468-81 Hermann von Hammerstein (?)
1489-1509 Wilhelm von Hammerstein
1509-15 Gerhard Steinhaus
1515 Gerhard von Troistorp zu Heltorf
1522-27 Gerhard von Troistorp zu Angerort
1527-43 Johann von Gogreve
1543-67 Sybert von Troistorp
1568 Diederich von Horst
1570 Adolf Scheidtmann
1571-91 Dietrich von der Horst
1596 Rütger von der Horst
1616 Christian Cloudt
1597-1623 Johann Bertram von Scheidt gen. Weschpfennig (?)
1623-43 Anton Unkelbach
1650-70 Friedrich Christian von Spee
1670-72 Freiherr von Steinem
1679 Arnold Gottfried von Beveren
1688 Ambrosius von Viermond Droste
1689-97 Arnold Johann von Vittighoven gen. Schell zu Schellenberg
1693 Friedrich Christian von Spee
1714 Freiherr von Scheel, Herr zu Schellenberg
1735 Freiherr von Beveren
1797 Freiherr von Beveren
1797 Franz Josef Anton Graf von Spee
Kellner des Amtes Angermund:[5]
1350 Gottfried von Kellner
1358 Gerhard von Grafschaft
1424 Wilhelm von Kellner
1465-1467 Willem Offerkamp
1475-1478 Adolf von Beldekusen
1481 Hermann von Hammerstein
1485 Wilhelm von Eltz
1489-1509? Wilhelm von Hammerstein
1503 Hermann von Hammerstein
1510-1529 Wolter von Plettenberg
1561-1569 Kaspar Cramp von Bardenberg
1668 Heinrich Thenhoff
1564, 1573, 1576 Jakob Menghen
1573, 1579, 1583 Daniel Haß
1573 Gottfried Ruland
1587, 1592, 1595 Nikolaus Gaudier
1606-1622 Mathias Wendeln
1622-1626 Rütger von Arnßberg
1626-1643 Bernhardt Mattenclodt
1643-1660 Dietrich Christian Adolf Pfeilsticker
1665, 1666, 1668 Heinrich Thenhoff
1672 Coen und Leo Heinrich Schweitzers
1693-1711 Peter Weitz
1714-1720 Bernhard Wilhelm Meex
1721, 1730 Hermann Wolfgang Francken
1737-1750 Peter Anton Meex
1758-1759 Hermann Josef Custodis
1776-1786 N. Baasel
1795 Johann Wilhelm Steinwartz
1794-1801 Ferdinand Baasel[6]
[1] Johannes Bauermann, Zu den Güterlisten Philipps von Heinsberg, in: Severin Corsten, Leo Gillessen (Hg.), Philipp von Heinsberg – Erzbischof und Reichskanzler (1167-1191). Studien und Quellen 1991, (Museumsschriften des Kreises Heinsberg, 12), S. 55–78.
[2] Heinz Schmitz, Angermunder Land und Leute, 2, Düsseldorf 1979, Bd. 1, S. 29f.
[3] Ibid., Bd. 1, S. 190.
[4] S. Anm. 2.
[5] Liste nach ibid., Bd. 1, S. 32.
[6] Einige Daten und Angaben von Schmitz erscheinen fehlerhaft und bedürfen einer genaueren Prüfung.
Fotos:
Grabmal Philipps von Heinsberg: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Grabmal_Philipp_von_Heinsberg_K%C3%B6lner_Dom_0622.jpg